Jede dritte Frau* in Österreich hat laut Statistik Austria bereits körperliche oder sexualisierte Gewalt erleben müssen. 26 Femizide und 41 Mordversuche gab es 2023 in Österreich. 15.115 Betretungs- und Annäherungsverbote wurden verhängt. (Statistik Austria, Pressemitteilung, 12 943-241/22)
Für „Warum lachst du nicht?“ erlaubten 14 Klientinnen dem Robert Fleischanderl Einblick in die Akten ihrer Gewalterfahrungen und Zutritt zu ihren Wohnungen. Für Fleischanderl stellten sich zwangsläufig einige elementare Fragen: Wie kann Kunst über Gewalt erzählen? Wie können die Würde, der Schutz und die Anonymität der Betroffenen gewahrt bleiben? Was kann Fotografie darstellen? Was kann eine Leerstelle alles erzählen? Wie kann ein Kunstprojekt eine soziale Agenda verfolgen? Wie politisch und aktivistisch muss Kunst sein?
Foto-Text-Paare erzählen dokumentarisch die unterschiedlichen Aspekte häuslicher Gewalt an Frauen und Kindern. Die Wohnungen, in denen die Gewaltverbrechen geschahen, stehen hierbei im Mittelpunkt der Fotografien. Sie sind oft Tatorte, doch als solche - bis auf eine Ausnahme - nicht mehr zu erkennen, da alle Spuren der Verbrechen beseitigt wurden. Beinah unspektakulär und gewöhnlich erscheinen die Fotos daher auf den ersten Blick. Die Texte, die jedem Foto begleitend gegenüberstehen und in denen Fleischanderl die Betroffenen selbst zu Wort kommen lässt, laden die Bilder jedoch stark auf, machen die Dynamik der Gewaltbeziehungen im Sprachbild auf beklemmende Weise sichtbar. Neben Zitaten der Opfer aus den Akten der Gerichtsverfahren werden auch medizinische Befunde sowie Polizeiprotokolle gezeigt, stets unter Wahrung der Anonymität der Betroffenen. Ergänzt werden die Gewaltgeschichten um Glossartexte zu Begriffen struktureller Gewalt. Dieses Fotokunstprojekt soll die Geschichten aller Betroffenen würdigen, ihre Stimmen hör- und sichtbar machen. Es soll mehr Bewusstsein für das gesellschaftlich hochbrisante Thema häusliche Gewalt schaffen und durch den künstlerischen Zugang eine niederschwellige und differenzierte Auseinandersetzung ermöglichen. Besonderer Dank gilt den Klientinnen des Gewaltschutzzentrums, die sich bereiterklärt haben, bei diesem Projekt mitzumachen.
Der Künstler und Fotograf Robert Fleischanderl wurde 1967 in Tirol geboren. Seine Projekte bewegen sich oft an der Schnittstelle zwischen Kunst und gesellschaftspolitischen Themen wie kulturelle Identität, Altern, Holocaust und Erbkrankheit. Seine Arbeiten wurden international publiziert und erhielten einige Auszeichnungen, etwa das Österreichische Staatsstipendium für Künstlerische Fotografie.